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  • Anette Frisch

Piscine in Stintino

Mein Badegast Tom Blankenberg hat beim Spazierengehen auf Sardinien ein verlassenes Freibad entdeckt. Aus dem Zufallsfund ist ein kurzer neorealistisch anmutender Clip und das Musikvideo "Piscine" entstanden.




Im Herbst 2019 war ich mit Familie und Freunden auf Sardinien. Wir wohnten im Ort Stintino. Es war schon spürbar Nachsaison und alles war schön leer und ruhig.


Ich hatte meine Kamera dabei, um einige verlassene Szenerien für einen Kurzfilm zu drehen. Am letzten Tag unseres Urlaubs habe ich eine Wanderung in die nähere Umgebung gemacht und gegen Abend hinter einer dichten Hecke dieses verlassene und zerfallene Schwimmbad entdeckt. Es war riesig und gehörte wohl einmal zum Zoo Club Stintino.


Das Bad war beeindruckend und magisch verwunschen. Ein solch großes Bad in unmittelbarer Nähe zu einem wunderschönen Strand zu bauen, mutete verrückt an. Wie eine größenwahnsinnige Badeutopie eines reichen Baumoguls. Ich stellte mir einen Sommertag vor, als das Bad noch in Betrieb war. Männer, Frauen, Kinder, Stimmen, Gelächter, Körper, die ins Wasser klatschen, die Trillerpfeife des Bademeisters … Heute sieht es so aus, als würde das Bad den Jugendlichen gehören zum Trinken oder Kiffen. Plastikstühle und Flaschen lagen auf dem Beckenboden herum, Grasbüschel zwängten sich zwischen die Fließen hindurch.


Inmitten dieser Kulisse zu stehen war toll. Weil ich nur noch wenig Akkulaufzeit hatte, habe ich gedreht, was ich noch bekommen konnte. Ich wäre am nächsten Tag gern noch einmal zurückgekehrt, aber da befanden wir uns praktisch schon auf der Heimreise.

 

Irgendwann im Winter. Nach einer Radtour, die mich am Allwetter-Freibad vorbeiführte, habe ich eine Kompositionsskizze gemacht. Mein Arbeitstitel dafür war „Winterpool“. Das Stück sollte 2021 auf dem Compilation-Album "Piano Layers II" des Labels 7K! Records veröffentlicht werden.


Während ich an dem Stück arbeitete, beschäftigte mich auch die visuelle Ebene. Mir kamen die Aufnahmen aus Sardinien in den Sinn. Das Material vom Schwimmbad war eigentlich zu knapp, aber ich hatte noch weitere Aufnahmen von der Gegend auf Sardinien gemacht. Deshalb gibt es einen vierminütigen Videoclip, der die Umgebung und den Pool zeigt. Während im Trailer zum Stück ausschließlich das verlassene Schwimmbad zu sehen ist.


Die Färbung des Materials und der Retrolook entstanden durch einen Infrarotfilter, den ich beim Dreh auf dem Objektiv hatte. Dadurch wurde nur der Infrarotanteil des Lichts aufgenommen, der für das menschliche Auge unsichtbar ist. Die Aufnahmen zeigen also etwas, was uns eigentlich verborgen bleibt. Ähnlich wie das Dornröschen-Schwimmbad auf Sardinien hinter einer dichten Hecke versteckt liegt.


Der ursprüngliche Arbeitstitel „Winterpool“ ist irgendwann dem mediterranen „Bassin“ gewichen. Entschieden habe ich mich am Ende aber für „Piscine“. Für mich ist das ein sehr positiv besetztes Wort. Außerdem finde ich die Nähe zum italienischen „pesce“, was Fisch heißt, schön.




To be listened to on Spotify and Apple Music




English translation of "Piscine in Stintino"

In autumn 2019 I was in Sardinia with family and friends. We stayed in the village of Stintino. It was already noticeably off-season and everything was nice and empty and quiet.


I had my camera with me to shoot some deserted sceneries for a short film. On the last day of our vacation, I took a hike in the surrounding area and towards evening discovered this abandoned and dilapidated swimming pool behind a dense hedge. It was huge and probably once belonged to the Zoo Club Stintino.


The pool was impressive and magically enchanted. Building such a large complex in close proximity to a beautiful beach seemed crazy. Like a megalomaniac utopia of a rich builder-mogul. I imagined a summer day when the lido was still in operation. Men, women, children, voices, laughter, bodies slapping the water, the lifeguard's whistle....


Today it looks like the pool belongs to young people for drinking or smoking pot. Plastic chairs and bottles lay around on the bottom, tufts of grass squeezed through between the rivers. Standing in the middle of this scenery was great. Because I was low on battery life, I shot what I could get. I would have loved to return the next day, but by then we were on our way home.


Sometime in winter afterwards. After a bike ride that took me past an outdoor pool I made a composition sketch. My working title for it was "Winter Pool." The piece was to be released in 2021 on the compilation album "Piano Layers II" on the label 7K! Records.


While I was working on the piece, I was also preoccupied with the visuals. The recordings from Sardinia came to my mind. The footage from the swimming pool was actually too scarce, but I had taken some other footage of the area. That's why there's a four-minute video clip that shows the surroundings and the pool. Whereas in the trailer, you can only see the abandoned lido.


The coloring of the footage and the retro look came from an infrared filter I had on the lens during the shoot. This captured only the infrared portion of the light, which is invisible to the human eye. So the shots show something that is actually hidden from us. Similar to how the Sleeping Beauty swimming pool in Sardinia is hidden behind a dense hedge.


The original working title "Winter Pool" gave way at some point to the Mediterranean "Bassin". In the end, however, I decided on "Piscine". For me, this is a very positive word. I also like the proximity to the Italian "pesce", which means fish.




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